Unterschied zwischen Notwehr und Defensivnotstand

Gelöst
isa456 Beiträge 73 Mitglied seit Dienstag April 16, 2013 Status Mitglied Zuletzt online: November 5, 2015 - Geändert am 18. Dezember 2018 um 03:43
isa456 Beiträge 73 Mitglied seit Dienstag April 16, 2013 Status Mitglied Zuletzt online: November 5, 2015 - 24. Juli 2015 um 16:36
Tagchen!
Könnte mir jemand den Unterschied zwischen Notwehr § 32 StGB i.V.m. und Defensivnotstand gegen Menschen § 34 StGB erklären? Stehe irgendwie auf dem Schlauch.

2 Antworten

Ich sehe das so:
1) Der Unterschied zwischen Notstand (auch i.V.m. 228 BGB) und Notwehr ist natürlich darin zu sehen, dass letztere einen gegenwärtigen Angriff, ersterer hingegen nur eine Gefahr fordert.
Notstand ist so gesehen günstiger für das Opfer, das sich verteidigen muss.
2) Der Defensivnotstand gegen Menschen § 34 StGB i.V.m. § 228 BGB analog ist meines Wissens erdacht worden, damit man (beispielsweise in den Haustyrannenfällen) auch den Totschlag des Gefährders wegen Notstands rechtfertigen kann. Dazu wendet man eben zusätzlich § 228 BGB an, damit nicht mehr eine Interessenabwägung gem. 34 StGB vorgenommen werden muss, sondern damit es ausreicht, dass der Schaden zur drohenden Gefahr nicht mehr außer Verhältnis steht. Begründet wird das eben mit dem Gedanken des § 228 BGB, bei dem die Gefahr aus der Sphäre der durch die Verteidigungshandlung gefährdeten Sache ausgeht.
7
isa456 Beiträge 73 Mitglied seit Dienstag April 16, 2013 Status Mitglied Zuletzt online: November 5, 2015 9
24. Juli 2015 um 16:36
Besten Dank!
0
Perry_M Beiträge 249 Mitglied seit Montag März 30, 2015 Status Mitglied Zuletzt online: Februar 18, 2016 223
Geändert am 18. Dezember 2018 um 03:48
Man kann kein Menschenleben gegen ein anderes abwägen.

Das hat z.B. der Bundesgerichtshof 2003 entschieden (Urteil vom 25.03.2003, Az. 1 StR 483/02).

Sachverhalt: "Nach den Feststellungen des Landgerichts erschoß die Angeklagte am 21. September 2001 gegen Mittag ihren schlafenden Ehemann M. F. mit dessen Revolver. Dieser hatte sie über viele Jahre hinweg durch zunehmend aggressivere Gewalttätigkeiten und Beleidigungen immer wieder erheblich verletzt und gedemütigt. Als sie die Tat beging, sah sie keinen anderen Ausweg mehr, um sich und auch die beiden gemeinsamen Töchter vor weiteren Tätlichkeiten zu schützen."

Der BGH hat rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB ausgeschlossen: Die Rechtswidrigkeit der Tat der Angeklagten hat das Landgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht bejaht. Notwehr hat es ausgeschlossen, allerdings die Frage eines rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) nicht erörtert. Dessen Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen jedoch ersichtlich nicht vor. Die Annahme eines rechtfertigenden Notstands setzt eine Interessenabwägung voraus. Diese muß zum Ergebnis haben, daß das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt (§ 34 Satz 1 StGB). Es liegt auf der Hand, daß die hier in Rede stehenden zu schützenden Rechtsgüter, die körperliche Unversehrtheit der Angeklagten und der gemeinsamen Töchter, das durch die Tat beeinträchtigte Interesse, nämlich das Leben M. F.s als vernichtetes Rechtsgut, nicht überwogen. Das Ergebnis der Abwägung würde selbst dann nicht zugunsten der Angeklagten ausfallen, wenn eine zugespitzte Situation mit akuter Lebensgefahr für einen Familienangehörigen M. F.s unterstellt würde.

Allenfalls könnte entschuldigender Notstand gem. § 35 StGB vorliegen.
7
isa456 Beiträge 73 Mitglied seit Dienstag April 16, 2013 Status Mitglied Zuletzt online: November 5, 2015 9
Geändert am 18. Dezember 2018 um 03:49
Tausend Dank für die Aufklärung!
0