Wann besteht Anspruch auf Geschiedenenunterhalt?

Bei einer Scheidung stellt sich die Frage, wann ein geschiedener Ehegatte Anspruch auf Unterhalt hat. Für diesen Ehegattenunterhalt nach der Scheidung gelten einige Voraussetzungen.

Unterschied zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt

Im Bereich des Ehegattenunterhalts ist zwischen zwei Arten des Unterhalts zu unterscheiden: dem Trennungsunterhalt, der während einer Trennung aber noch in der bestehenden Ehe gezahlt wird, und dem Geschiedenenunterhalt, der nach dem Ende der Ehe gezahlt wird (nachehelicher Unterhalt).

Wann hat ein geschiedener Ehegatte Anspruch auf Unterhalt?

Generell gilt nach der Scheidung der Grundsatz der Eigenverantwortung, das heißt jeder Partner muss für sich selbst aufkommen (§ 1569 BGB).

In einigen Ausnahmefällen hat ein geschiedener Ehegatte Anspruch auf den nachehelichen Unterhalt. Mindestens eine der folgenden Gegebenheiten muss vorliegen, damit eine Ehefrau oder ein Ehemann Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten zahlen muss: Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB), nachehelicher Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB), Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 Absatz 1 BGB), Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Absatz 2 BGB), Ausbildungsunterhalt (§ 1575 BGB) oder Billigkeitsunterhalt (§ 1576).

Die Dauer des nachehelichen Unterhalts wird im Scheidungsurteil festgelegt.

Bedürftigkeit

Um Geschiedenenunterhalt zu bekommen, muss der Unterhaltsbegehrende bedürftig sein. Je mehr Vermögen der Ehegatte hat, desto weniger kann er Geschiedenenunterhalt verlangen.

Der geschiedene Ehegatte kann nicht auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichten und erwarten, dass der andere Ehegatte ihm durch Geschiedenenunterhalt künftig sein Leben finanziert. Es bestehen beim Geschiedenenunterhalt Erwerbsobliegenheiten, die noch stärker sind als beim Trennungsunterhalt. Falls der Ehegatte diesen Erwerbsobliegenheiten nicht nachkommt, mindert dies seine Bedürftigkeit und damit seinen Anspruch auf Geschiedenenunterhalt. Dies kann sogar zum Anspruchsverlust führen. Dies bedeutet wiederum, dass der geschiedene Ehegatte verpflichtet ist, jede zumutbare Erwerbstätigkeit anzunehmen.

Im Unterschied zum Trennungsunterhalt muss beim Geschiedenenunterhalt bereits im ersten Jahr nach der Scheidung eine zumutbare Erwerbstätigkeit aufgenommen werden, zumindest müssen umfassende Bemühungen, einen Arbeitsplatz zu finden, stattfinden und belegt werden.

Es darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass nur die Gründe, die die §§ 1570 ff. BGB aufzählen, dazu führen können, dass eine Erwerbsverpflichtung nicht besteht, wie zum Beispiel der Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes (§ 1570 BGB).

Grundsätzlich muss der Geschiedene, der Geschiedenenunterhalt begehrt, seinen Vermögensstamm (Ersparnisse) voll verwerten, bevor er Geschiedenenunterhalt verlangen kann. Auch dies ist ein Unterschied zum Trennungsunterhalt, bei dem die Ersparnisse in der Regel nicht angegriffen werden müssen. Allerdings kann nicht verlangt werden, dass der Unterhaltsbegehrende auch seinen letzten "Notgroschen" verbraucht: Gewisse Ersparnisse für Notfälle sind ihm zu belassen.

Bedarf

Das Familiengericht ermittelt zunächst den konkreten Bedarf des Unterhaltsbegehrenden.

Maßgebend hierfür sind die ehelichen Lebensverhältnisse. Der Lebensstandard des Ehegatten soll sich nach der Scheidung nämlich grundsätzlich nicht verschlechtern.

Nimmt der Ehegatte nach der Scheidung eine Stelle an, durch die er mehr Geld zur Verfügung hat als während der Ehe, hat er keinen Anspruch auf Unterhalt.

Leistungsfähigkeit

Zur Ermittlung der Unterhaltshöhe stellt sich die Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Niemand kann dazu verpflichtet werden, mehr zu bezahlen als er in der Lage ist. Falls es jemand aber böswillig unterlässt, Einkünfte zu erzielen, damit er seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommen muss, dann können ihm die nicht erzielten Einkünfte als "fiktive Einkünfte" zugerechnet werden und er muss dennoch Unterhalt bezahlen.

An dieser Stelle wird seitens des Familiengerichts geprüft, wie hoch das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten ist. Die Grenze der Zahlungspflicht des Unterhaltsverpflichteten wird so bestimmt, dass ihm ein Mindestbetrag (Selbstbehalt) verbleibt.

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