Ist die Höhe der Steuerzinsen rechtmäßig?

Steuererstattungen und Steuernachforderungen sind laut Abgabenordnung pro Monat mit 0,5 Prozent zu verzinsen. Das entspricht sechs Prozent pro Jahr. Doch schon lange liegt der marktübliche Zinssatz weit darunter. Sind die hohen Steuerzinsen daher verfassungswidrig?

Gesetzliche Grundlage der Steuerzinsen

Auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen sind nach § 233a Absatz 1 Abgabenordnung (AO) Zinsen zu zahlen. Für jeden vollen Monat beträgt der fixe Zinssatz dafür 0,5 Prozent (§ 238 Absatz 1 AO), pro Jahr sind das also sechs Prozent. Hier finden Sie ein Beispiel für die Berechnung der Zinsen.

Die sechs Prozent stehen seit mehr als 50 Jahren unverändert im Gesetz. Ein stolzer Zinssatz beim allgemein deutlich niedrigeren Zinsniveau der letzten Jahre, bis hin zu einem EZB-Leitzins von 0 Prozent. Deshalb taucht immer wieder die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Steuerzinsen auf. Den Steuerzahler interessieren dabei vor allem die Nachzahlungszinsen, die Gegenstand mehrerer Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) waren.

Verfassungsmäßigkeit der Steuerzinsen

Anhängige Verfahren

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) unterstützt die Revision vor dem BFH gegen ein Urteil des Finanzgerichts Münster (Az. III R 25/17). In dem Fall hat das Finanzamt erst nach einer Bearbeitungszeit von einigen Jahren die endgültige Steuer mit den entsprechend hohen Zinsen festgesetzt.

Frühere Urteile

In einem früheren Verfahren zu den Nachzahlungszinsen, in dem Fall auf die Ertragsteuer, bestätigte der BFH in seinem Urteil vom 9. November 2017 die geltende Zinsregelung als verfassungsgemäß (Az. III R 10/16). Der hohe Zinssatz von 6 Prozent verstoße nicht gegen die Grundsätze der Gleichheit und Verhältnismäßigkeit.

Kurz zuvor, am 31. Mai 2017, hatte der BFH bereits die Revision eines ähnlichen Urteils vom Finanzgericht Thüringen zurückgewiesen (Az. I R 77/1). Hier verwies der BFH darauf, dass die Zinsen einen Ausgleich darstellen dafür, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen - aus welchen Gründen auch immer - zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Wer seine Steuern aufgrund eines späteren Bescheids erst später zahlen muss, habe einen Liquiditäts- und Zinsvorteil. Gleichzeitig soll der Zinsnachteil des Fiskus, der den Steuerbetrag erst verspätet erhält und nutzen kann, ausgeglichen werden.

2011 hatte der BFH die Revision eines anderen Falls zugelassen, aber ebenfalls im Sinne der Verfassungmäßigkeit der Steuerzinsen entschieden. In dem Urteil vom 20. April 2011 betonte der BFH auch die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Bestimmung des Zinslaufs (Az. I R 80/10).

Folgen für den Steuerzahler

Die Urteile zeigen deutlich, dass eine Klage gegen die Nachzahlungszinsen aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Dennoch können Steuerzahler weiterhin gegen die hohen Zinsen beim Finanzamt Einspruch einlegen und mit Hinweis auf anhängige Musterklagen das Ruhen des Verfahrens gemäß § 363 Absatz 2 AO beantragen. Beachten Sie, dass nur eine Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO den Zinslauf nicht stoppt.

Der Erlass von Nachzahlungszinsen ist eine Ermessensentscheidug des Finanzamts und auch aus (persönlichen oder sachlichen) Billigkeitsgründen möglich (§ 227 AO). Eine Verzögerung der Veranlagung durch das Finanzamt sollten Sie aber nicht als Grund für Ihren Einspruch und Antrag auf Erlass angeben, denn der BFH hat ebenfalls schon mehrfach entschieden, dass es für die rechtmäßige Erhebung der Zinsen irrelevant ist, warum es eine lange Bearbeitungsdauer gab und wer sie verschuldet hat.

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