Wann ist ein Ehevertrag sittenwidrig?

Zur Erstellung eines Ehevertrags sollten sich die Ehepartner Hilfe eines Notars holen, denn ein Ehevertrag kann schon wegen einer unwirksamen Klausel ungültig und damit anfechtbar werden.

Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags

Grundsätzlich ist es zulässig, in einem Ehevertrag alles nur Erdenkliche zu regeln. Die Regelung von Unterhalt, Gütertrennung, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich unterliegen der Vertragsfreiheit der Ehegatten. Allerdings schränkt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diese Freiheit aktuell immer mehr ein, indem häufiger Klauseln von Eheverträgen für sittenwidrig erklärt werden.

Ein Ehevertrag, auch wenn er notariell abgeschlossen wurde, ist wertlos, wenn ein Gericht im Streitfall feststellt, dass der Ehevertrag unwirksam ist.

Ist ein Ehevertrag sittenwidrig, kann er von einem Gericht, zum Beispiel im Rahmen eines Scheidungsverfahrens, für unwirksam erklärt werden. Nach § 138 Absatz 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das Vermögensvorteile entstehen, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen.

Unwirksamer Ehevertrag bei Ausschluss des Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich gehört zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts. Wird im Ehevertrag vollständig auf die Durchführung des Ausgleichs verzichtet, kann dieser Ehevertrag als sittenwidrig angesehen werden, wodurch der Ehevertrag nichtig wird.

Ist die Ehefrau bei Abschluss des Ehevertrags schwanger, ist besondere Vorsicht geboten, damit der Ehevertrag nicht unwirksam wird. Nach Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat zum Beispiel ein Ehevertrag keine Wirksamkeit, der eine Gütertrennung und einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs beinhaltet und keine Kompensation für den Versorgungsausgleich vorsieht, wenn bereits bei Abschluss des Vertrags eine Schwangerschaft vorliegt. In diesem Fall wissen die Ehegatten bereits bei Vertragsschluss, dass die Ehefrau zur Kinderbetreuung aus dem Berufsleben ausscheiden muss und durch den Ehevertrag keine Versorgungsrechte erwerben würde.

Erstes praxisnahes Beispiel

Ein reicher Geschäftsmann hat mit seiner Ehefrau einen Ehevertrag abgeschlossen, wonach die Frau nach der Scheidung weder einen Zugewinnausgleich bekommen soll noch Geschiedenenunterhalt, obwohl sie zu Beginn der Ehe nicht vermögend war und während der Ehe zu Hause die Kinder hüten sollte, also auch während der Ehe kein eigenes Vermögen durch eigene Erwerbstätigkeit anhäufen konnte. Der Ehevertrag wurde während der Schwangerschaft der Frau unterzeichnet, wodurch sie finanziell voll von ihm abhängig war.

Ein Ehevertrag kann auch dann für unwirksam erklärt werden, wenn er zwar an sich wirksam ist, wenn aber bei der Unterzeichnung eine Zwangslage sittenwidrig ausgenutzt wurde.

Zweites praxisnahes Beispiel

Im Jahre 2000 schließen die Ehegatten Clara und Hans einen Ehevertrag, wonach Clara sowohl auf den Geschiedenenunterhalt als auch auf Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich verzichtet. Clara ist Zahnärztin, hatte bei der Unterzeichnung des Ehevertrags ein sehr gutes Einkommen und konnte sich auch ohne ihren künftigen Mann gut alleine über Wasser halten. 2009 lässt sich das Paar scheiden. Es hat vier gemeinsame Kinder, die Ehefrau konnte zwischen 2000 und 2009 nicht als Zahnärztin tätig sein und hat mittlerweile auch kein Vermögen mehr, weil sie ihr ganzes Geld in das gemeinsame Familienheim investiert hat. Der Mann hingegen hat zwischen 2000 und 2009 ein großes eigenes Vermögen durch seine Geschäftsführertätigkeit angesammelt.

In einem derartigen Fall wäre es unfair, wenn sich der Mann bei der Scheidung auf den Ehevertrag beruft und geltend macht, weder Zugewinnausgleich noch Geschiedenenunterhalt zu bezahlen. Denn die Umstände, die bei der Unterzeichnung des Ehevertrags herrschten, haben sich bis zum Abschluss des Ehevertrags erheblich verändert.

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